Vaterschaftsurlaub: Weder unfinanzierbar noch unsolidarisch

Dass die Volksinitiative für 20 Tage Vaterschaftsurlaub, welche sich zur Zeit in der Sammelphase befindet und hier unterschrieben werden kann und soll, problemlos finanzierbar ist, habe ich in einem früheren Beitrag bereits vorgerechnet. In diesem Artikel möchte ich zeigen, warum die bisher von den Gegnern vorgebrachten Argumente nicht Stand halten.

Immer wieder zeigen Umfragen, dass die Bevölkerung sich einen Vaterschaftsurlaub wünscht. In einer Umfrage von Travail.Suisse sagten über 80% der Befragten, sie würden einen Vaterschaftsurlaub begrüssen. Bei einer nicht-repräsentativen Umfrage des Magazins “Wir Eltern” liegen die Ja-Werte am 20.09.2016 ebenfalls weit über 80%. Die Idee eines Vaterschaftsurlaubs geniesst also in der Schweizer Bevölkerung eine grosse Zustimmung.

Gegner gibt es für das Vorhaben aber natürlich trotzdem. Allen voran hat sich der Arbeitgeberverband negativ zur Initiative geäussert. Einerseits in einem Beitrag auf seiner Webseite, andererseits in einem Gespräch im Magazin “Wir Eltern”.

Ein Argument, welches der AGV gerne vorbringt, ist das des Zwangs. Der Verband sei nicht grundsätzlich gegen einen Vaterschaftsurlaub, aber dieser soll nicht vom Staat verordnet sondern von Arbeitgebern und Arbeitnehmern gemeinsam und in Eigenregie eingeführt werden.

Wenn man sich aber vor Augen führt, wie viele Unternehmen dann tatsächlich einen Vaterschaftsurlaub anbieten, der mehr als nur den gesetzlich vorgeschriebenen einen Tag für die Geburt umfasst, merkt man schnell, dass die Arbeitgeber keinerlei Interesse an einem echten Vaterschaftsurlaub haben. Dazu kommt, dass ein grosser Teil dieser sogenannten ‘Lösungen’ nur durch den Bezug von unbezahltem Urlaub möglich ist. Nur die allerwenigsten Schweizer Unternehmen sind bereit, einen bezahlten, mehrere Wochen dauernden Vaterschaftsurlaub anzubieten.

Einen solchen gibt es in der Schweiz nur bei der Migros, welche einen dreiwöchigen bezahlten Urlaub anbietet. Unter den Unternehmen, welche mehr als eine Woche Vaterschaftsurlaub kennen befinden sich die Bundesverwaltung, die staatsnahen Betriebe Swisscom, Post und SBB und die Grossbank UBS.

Mit dem vom Arbeitgeberverband propagierten Einsatzwillen der Arbeitgeber, selbstständig einen Vaterschaftsurlaub einzuführen scheint es also nicht so weit her zu sein. Die Unternehmen müssten relativ schnell relativ viel für eine betriebsinterne Umsetzung des Vaterschaftsurlaubs tun, um diesem Argument Glaubwürdigkeit zu verleihen.

Ein weiteres Argument des AGV ist, ein Vaterschaftsurlaub sei für viele Unternehmen organisatorisch nicht zu bewältigen. Wo genau aber der Unterschied zwischen 4 Wochen Vaterschaftsurlaub und 4 Wochen gesetzlich vorgeschriebenem Erholungsurlaub liegen soll, erschliesst sich mir nicht ganz. Während letzterer für jeden Arbeitnehmer anfällt und somit ein hohes Mass an Organisation voraussetzt, ist ersterer eher selten und sollte organisatorisch problemlos möglich sein. Des Weiteren scheinen die Unternehmen mit dem gesetzlich vorgeschriebenen Mutterschaftsurlaub durchaus zurecht kommen.

Dass Herr Greuter den vorgeschlagenen Vaterschaftsurlaub als unsolidarisch bezeichnet, kann man ebenfalls nur schwer nachvollziehen. Die Initiative schlägt eine Finanzierung über die EO vor, welche parallel zur Finanzierung des Mutterschaftsurlaubs geregelt wäre. Dass eine solche Finanzierung problemlos möglich wäre, habe ich ja schon früher demonstriert.

Was aber an der Finanzierung über die EO, die ja von Arbeitgebern und Arbeitnehmern anteilsmässig bezahlt werden, unsolidarisch sein soll, erschliesst sich mir nicht ganz. Denn auch Nichterwerbstätige entrichten Abgaben an die Sozialwerke und leisten ihren Beitrag an die Finanzierung von AVH, IV und EO. Solidarischer könnte der Vaterschaftsurlaub also gar nicht finanziert werden. Dass man unter Umständen nicht in den Genuss einer durch diese Sozialversicherungen finanzierten Leistung kommt, tut dabei der Solidarität keinen Abbruch. Auch die AHV sehe ich nicht als gefährdet, da der EO-Beitrag zwar zusammen mit jenem für die AHV abgezogen wird, aber eigenständig berechnet wird.

In Herr Greuters Aussage, dass Väter, die “ihre Vaterschaft ernst nehmen”, auch ohne Vaterschaftsurlaub keine Sekunde darüber nachdenken würden, ob sie Ferien nehmen sollten oder nicht, schwingt ein Hauch von Anklage mit. Wer nicht bereit ist, seine regulären Ferien zu opfern, nimmt es mit der Vaterschaft nicht so ernst. Es soll aber eben nicht von den verfügbaren Ferientagen abhängen, ob ein Vater die ersten Wochen mit der Mutter und dem Kind verbringen kann.

Ich teile jedoch Herrn Greuters Meinung, dass der Vaterschaftsurlaub alleine noch nicht dem Idealzustand entspricht. Ich denke auch, dass ein vierwöchiger Vaterschaftsurlaub nicht genug zur Entlastung der Mutter und der Bindung zum Kind beiträgt. In der stressigen Zeit gleich nach der Geburt ist eine Entlastung aber sicher besonders dringend und wünschenswert und auch für die Vater-Kind-Beziehung sind die ersten Tage und Wochen von grösster Bedeutung. Weitere Massnahmen, wie das Bereitstellen von bezahlbaren Krippenplätzen, sind aber auf jeden Fall notwendig.

Nicht zuletzt muss in der Gesellschaft aber das Verständnis dafür geweckt werden, dass Väter nicht bloss als Ernährer oder glorifizierte Babysitter taugen sondern einen wichtigen Platz in der Familie und im Leben des Kindes einnehmen. Und dass auch Männer, die Teilzeit arbeiten oder gar Hausmänner sind – wie auch ihre weiblichen Pendants – nicht faul sind, sondern einen wichtigen Beitrag an die Gesellschaft leisten.

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