Gesundheit statt Gewinndruck

Der Kantonsrat des Kantons Zürich hat im Oktober 2016 mit grosser Mehrheit entschieden, das Kantonsspital Winterthur und die Integrierte Psychiatrie Winterthur zu einer Aktiengesellschaft umzugestalten. Das bis jetzt als öffentlich-rechtliche Anstalt geführte Spital soll damit mehr Freiheit erhalten. Dieses Anliegen ist zwar verständlich, eine Privatisierung ist dazu aber der falsche Weg.

Das Hauptargument, welches von der Pro-Seite angeführt wird ist das der Unabhängigkeit. Die Spitäler sind in der neuartigen Umgebung der seit 2012 gültigen Spitalfinanzierung und der darin enthaltenen freien Spitalwahl erhöhtem Wettbewerb ausgesetzt. Gegen grössere unternehmerische Freiheit ist auch nichts einzuwenden. Es ist durchaus verständlich, wenn die Befürworter fordern, das Spital müsse flexibler werden, auch wenn das Kantonsspital Winterthur auch in der jetzigen Organisationsform Gewinne erarbeitet.

Eine Flexibilisierung liesse sich allerdings auch anders erreichen. Zum Beispiel durch Schaffung einer gemeinnützigen Stiftung, ähnlich der des Kinderspitals Zürich. Diese könnte unabhängiger arbeiten, wäre aber gleichzeitig nicht dem Gewinndruck unterstellt. Oder aber man könnte, wenn es einem wirklich um die Unabhängigkeit ginge, bei der Schaffung der Aktiengesellschaft das Gesetz so schreiben, dass der Kanton einziger Aktionär ist und vor allem auch bleibt.

Hier genau zeigt sich aber das wahre Gesicht der Vorlage: Der Kanton ist zwar bei der Schaffung der AG einziger Jahren einziger Aktionär, er kann aber nach fünf Jahren damit beginnen, die Aktien des Spitals an Dritte zu verkaufen. Dazu braucht der Regierungsrat keinerlei Zustimmung des Kantonsrates. Dieser kann erst Einfluss nehmen, wenn ein Verkauf von Aktien dazu führen würde, dass der Kanton seine Aktienmehrheit verliert.

Der Regierungsrat kann also in fünf Jahren damit beginnen, 49% des Spitals an private Investoren zu verkaufen, ohne dass sich der Kantonsrat oder die Stimmbürger*innen dazu äussern könnten. Mit der Zustimmung des Kantonsrates, die nicht undenkbar ist, wäre es sogar möglich sämtliche Aktien zu veräussern. Den privaten Investoren wird es nicht um die optimale Gesundheitsversorgung der Einwohner von und um Winterthur gehen. Interessiert sind diese am Profit. Erwirtschaften lässt sich dieser am besten, indem man bei den Fixkosten spart, das heisst beim Personal oder der Ausbildung der Mitarbeiter. Dass der Kantonsrat sich geweigert hat, die AG zu einem Gesamtarbeitsvertrag zu verpflichten, erhöht nicht gerade das Vertrauen.

Dass die Gemeinden, welche vom Spital Winterthur abhängig sind, ein Vorkaufsrechts geniessen beruhigt da nicht. Wenn man bedenkt, dass zum Beispiel die Stadt Winterthur gerade grosse Sparbemühungen unternimmt, ist es eher unwahrscheinlich, dass die Aktien in der öffentlichen Hand bleiben.

Dazu kommt, dass das Kantonsspital Winterthur zentral für die Gesundheitsversorgung für des nördlichen Teils des Kantons Zürich ist. Die AG, die im Extremfall in mehrheitlich bis komplett privatem Besitz sein wird, kann also nicht Konkurs gehen, ohne die Gesundheitsversorgung einer ganzen Region zu gefährden. Der Staat müsste die Spital Winterthur AG mit öffentlichen Geldern retten. Diese Vorlage erreicht also nichts, ausser privaten Investoren Gewinnbeteiligungen zuzuführen, solange der Betrieb funktioniert.