Mehr Sachlichkeit, bitte!

Nationalrat Andreas Glarner hat seinen Twitteraccount gelöscht, nachdem er die "Gehässigkeit von der linken Seite" nicht mehr ertragen konnte. Auf Facebook doppelte er mit einem chauvinistischen Spruch nach – nur will er es nicht so gemeint haben und hat den Beitrag inzwischen auch wieder gelöscht.

Verschiedene andere NutzerInnen stärken ihm nun auf Twitter und Facebook den Rücken. Andere hingegen fordern seinen Rücktritt. Und jetzt mische ich mich auch noch ein.

Ich habe eventuell ein seltsames Verständnis von Politik. Ich bin nämlich der Überzeugung, dass eine politische Diskussion nur dann geführt werden kann, wenn sie auf der Sachebene geführt wird. Persönliche Angriffe gegen politische GegnerInnen verstehe ich immer als Zugeständnis, dass man auf die Argumente der Gegenseite keine Antwort mehr hat.

Diese Kritik richtet sich übrigens nicht nur nach rechts. Auch von linker Seite, und da hat Andreas Glarner tatsächlich Recht, kommt es immer wieder zu persönlichen Anfeindungen.

Man soll mich nun aber bitte nicht falsch verstehen: Mir ist Nationalrat Glarner auch nicht sympathisch. Ich bin aber überzeugt, dass man auch mit rein sachlichen Argumenten gut aufzeigen kann, wo die Probleme seiner Politik liegen.

Trotzdem darf man seine Ausfälligkeit und die seiner MitstreiterInnen nicht ignorieren. Dass Frauen, vor allem jene, die links der Mitte politisieren, als hässlich und sexuell frustriert dargestellt werden ist leider weder neu, noch selten. Damit werden Frauen einerseits auf ihr Äusseres reduziert und ihre Meinung als nicht relevant abgetan, andererseits kann man so wunderbar von der eigentlichen Thematik ablenken. Schliesslich folgt mit Sicherheit ein (zurecht) empörter Aufschrei. Dass diese Taktik bei männlichen Politikern fast nie zur Anwendung kommt, macht den dahinterstehenden Chauvinismus sichtbar.

Glarners Versuch, den erbosten Kommentatoren die Sexismus-Karte zuzuschieben ist nicht überzeugend. Wenn nicht schon von Anfang an klar gewesen wäre, was Glarner mit seinem Eintrag auf Facebook gemeint hat, zeigen die unterstützenden Kommentare gut, wie die Nachricht angekommen ist.

Soll Andreas Glarner jetzt zurücktreten? Nein, natürlich nicht. Rücktrittsforderungen sollten meiner Meinung nach nur in extremen Fällen ausgesprochen werden.

Alle, die ihn in den Nationalrat gewählt haben, sollten sich für die nächste Wahl aber überlegen, ob sie einen Nationalrat wollen, der ohne sachliche Argumente diskutiert und stattdessen politische GegenspielerInnen persönlich angreift. Andere, dialogfähige PolitikerInnen gibt es im bürgerlichen Lager schliesslich viele.

Ich plädiere also schlussendlich für etwas, was eigentlich selbstverständlich sein sollte: Man muss sich in der Politik nicht mögen und man kann und muss Meinungen, die der eigenen widersprechen, kritisieren dürfen. Das kann man aber auch in einem normalen Tonfall tun, ohne Rundumschläge und ohne persönliche Diffamierung der GegnerInnen. Dumpfe Beleidigungen sind der Wichtigkeit der Materie nicht würdig.


Zur Vorabinformation: Ich bin nicht "staatsbesoldet" und habe diesen Artikel in meiner Freizeit verfasst.